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Die Geschichte des Döners - Von Istanbul nach Berlin

01.05.2025
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Die Geschichte des Döners - Von Istanbul nach Berlin

Der Döner Kebab, wie wir ihn heute kennen, hat eine lange und faszinierende Geschichte, die von der Türkei bis nach Deutschland reicht. Heute ist der Döner mit über 16.000 Verkaufsstellen und einem Jahresumsatz von mehr als 4 Milliarden Euro nicht nur ein beliebter Imbiss, sondern ein wichtiger Bestandteil der deutschen Esskultur.

1700er Jahre: Die Ursprünge

Der Döner Kebab (türkisch für "sich drehender Grill") hat seinen Ursprung im Osmanischen Reich. Traditionell wurde das Fleisch horizontal auf einem Spieß gegrillt. Die Idee, den Spieß vertikal zu stellen, kam vermutlich Ende des 18. Jahrhunderts in Bursa auf, einer Stadt in der Nordwesttürkei.

Diese Neuerung hatte einen praktischen Grund: Das Fett konnte so besser ablaufen und gleichzeitig das darunter liegende Fleisch aromatisieren. Das Gericht wurde als "Döner Kebab" bekannt und meist auf einem Teller mit Reis und Gemüse serviert.

1930er Jahre: Erste Dokumentation

Die erste dokumentierte Döner-Verkaufsstelle in Istanbul wurde in den 1930er Jahren eröffnet. Damals war der Döner jedoch noch weit entfernt von der Sandwichversion, die wir heute kennen.

In der türkischen Küche wurde das vom Spieß geschnittene Fleisch auf Teller serviert und mit verschiedenen Beilagen wie Reis, Fladenbrot und Gemüse gegessen.

1960er Jahre: Ankunft in Deutschland

Mit der Welle der Gastarbeiter in den 1960er Jahren kamen auch türkische Essgewohnheiten nach Deutschland. Die ersten türkischen Restaurants in Berlin, Hamburg und anderen Großstädten servierten traditionelle Gerichte, darunter auch den klassischen Döner auf dem Teller.

"Die Gastarbeiter brachten ihre kulinarische Tradition mit nach Deutschland und legten damit den Grundstein für eine der beliebtesten Fast-Food-Speisen." - Eberhard Seidel, Döner-Historiker

1972: Die Revolution im Fladenbrot

Der Durchbruch des Döners in seiner heutigen Form wird oft Kadir Nurman zugeschrieben, einem türkischen Einwanderer, der 1972 am Bahnhof Zoo in Berlin sein Glück versuchte. Seine geniale Idee: Das vom Spieß geschnittene Fleisch in ein Fladenbrot zu füllen und es so zur tragbaren Mahlzeit zu machen.

Diese Innovation traf den Nerv der Zeit - eine schnelle, sättigende und kostengünstige Mahlzeit für die Arbeiter, die unterwegs essen mussten. Der "Döner im Brot" war geboren.

"Ich wollte, dass die arbeitenden Menschen eine schnelle Mahlzeit bekommen können und dass die Deutschen auch die türkische Küche probieren können."

— Kadir Nurman (1933-2013)

1980er Jahre: Der Siegeszug beginnt

In den 80er Jahren erlebte der Döner seinen ersten großen Boom. Immer mehr Dönerläden eröffneten in deutschen Städten, und der Döner etablierte sich als beliebte Alternative zu Currywurst und Hamburger.

Gleichzeitig begann sich der deutsche Döner vom türkischen Original zu unterscheiden. Die "deutsche Version" enthielt mehr Salat, Gemüse und Soßen als der traditionelle türkische Döner.

Deutscher Döner

  • Reichlich Salat, Tomaten, Gurken
  • Rotkohl & Zwiebeln
  • Knoblauch- und Kräutersoßen
  • Im aufgeschnittenen Fladenbrot

Türkischer Döner

  • Fokus auf dem Fleisch
  • Weniger Gemüse
  • Einfachere Würzung
  • Oft als Teller mit Reis serviert

Heute: Ein globales Phänomen

Der Döner hat sich vom einfachen Imbiss zum globalen Phänomen entwickelt. Allein in Deutschland werden täglich etwa 1,5 Millionen Döner verkauft. Von Berlin aus hat der deutsche Döner seinen Siegeszug durch Europa und die Welt angetreten.

16.000+

Dönerläden in Deutschland

4+ Mrd. €

Jährlicher Umsatz

1,5 Mio.

Döner pro Tag

80.000+

Arbeitsplätze

Heute gibt es zahlreiche Variationen des Döners, darunter vegane und vegetarische Versionen, Premium-Döner mit Wagyu-Fleisch und sogar Fusion-Kreationen wie Döner-Tacos oder Döner-Pizza.

Kontroverse um den Erfinder

Obwohl Kadir Nurman oft als "Erfinder des Döner-Sandwiches" genannt wird, ist die Geschichte komplexer. Mehrere Personen beanspruchen den Titel für sich:

Kadir Nurman

Eröffnete 1972 seinen Stand am Bahnhof Zoo in Berlin und führte dort den Döner im Brot ein.

Mehmet Aygün

Behauptet, bereits 1971 in seinem Restaurant Hasir in Berlin-Kreuzberg den ersten Döner im Brot verkauft zu haben.

Nevzat Salim

Soll schon 1969 in Reutlingen den ersten Döner im Fladenbrot angeboten haben.

Die Wahrheit liegt vermutlich dazwischen: Die Idee, Fleisch vom Drehspieß in Brot zu servieren, entstand wahrscheinlich parallel an verschiedenen Orten in Deutschland, inspiriert von ähnlichen Gerichten aus der Türkei und dem Nahen Osten.

Der Döner als kulturelles Phänomen

Der Döner ist längst mehr als nur ein Fastfood - er ist ein Kulturphänomen, das in Filmen, Musik und Literatur seinen Platz gefunden hat. Er steht symbolisch für die gelungene Integration und den kulturellen Austausch zwischen der Türkei und Deutschland.

Der Döner in der Popkultur

  • Zahlreiche Songs wie "Döner macht schöner" oder "Der Döner bleibt" feiern das beliebte Fast Food
  • In Filmen wie "Soul Kitchen" oder "Kebab Connection" spielt der Döner eine zentrale Rolle
  • Das Wort "Döner" hat Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden und wurde 2017 offiziell in den Duden aufgenommen
  • In Berlin gibt es ein inoffizielles Döner-Museum, das die Geschichte des Gerichts dokumentiert

Fazit: Eine Erfolgsgeschichte der Integration

Die Geschichte des Döners ist ein perfektes Beispiel für kulturellen Austausch und kulinarische Innovation. Was als traditionelles türkisches Gericht begann, hat in Deutschland eine einzigartige Transformation erfahren und ist heute ein fester Bestandteil der deutschen Esskultur.

Der Döner steht symbolisch für gelungene Integration: Ein Gericht aus der Türkei, das in Deutschland weiterentwickelt wurde und nun weltweit erobert - das ist eine Erfolgsgeschichte, die zeigt, wie Kulturen sich gegenseitig bereichern können.

Quellen: Verband türkischer Dönerhersteller in Europa e.V., Zentrum für Türkeistudien, Bundeszentrale für politische Bildung